„Der größte Pflegedienst Deutschlands schlägt Alarm“ hieß es in der Ankündigung einer Veranstaltung des Presseclubs München. In der online übertragenen und von Kerstin Tschuck moderierten Podiumsdiskussion ging es um die Entlastung häuslicher Pflege. Eine 43-Stunden-Woche neben dem normalen Job ist für pflegende Angehörige normal. Kein Wunder, dass viele von ihnen „am liebsten alles hinschmeißen würden“, wie Thomas Oeben, Vorsitzender des Vereins meinNachbar, aus Studien berichtet. Sein Verein bietet in München Pflegeberatung und ehrenamtliche Unterstützung für pflegende Angehörige an.
„Überforderung“ ist ein Wort, das oft von den drei weiteren Podiumsteilnehmerinnen Barbara Stamm, Landtagspräsidentin a. D. und Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern, Kornelia Schmid, Vorsitzende des Vereins Pflegende Angehörige, und der pflegenden Angehörigen Lisbeth Haas zur Beschreibung häuslicher Pflegesituationen genannt wurde. Haas pflegt seit fünf Jahren ihren an Demenz erkrankten Mann. Sie klingt verzweifelt: „Eigentlich bin ich Tag und Nacht ständig in Bereitschaft.“ Überhaupt ist die Nacht das größte Problem, denn noch etwas haben fast alle pflegenden Angehörigen gemeinsam: Schlafmangel.
Barbara Stamm erzählt von einer Betroffenen, deren größter Wunsch es sei, „nur zweimal im Monat eine Nacht durchzuschlafen“. Sie plädiert, die Angebote für Nachtpflege in Bayern deutlich auszubauen. Entlastung kostet Während der Veranstaltung wurde im Chat unter Betroffenen der Frust sehr deutlich. „Wir sparen dem Staat Millionen, wir wollen einen Ausgleich dafür!“, hieß es angesichts schmaler Rentenpunkte und wenig Pflegegeld für Angehörigenpflege.
Entlastung sei auch mit Extra-Kosten verbunden, erinnerte jemand: „Das gibt es nicht umsonst.“ Wenn dann der eigene Friseurbesuch wegen einer engagierten Aufsichtsperson ein Drittel teurer ist, wird dieser eben jedes zweite Mal ausgelassen. Kornelia Schmid, die Ehemann und Mutter versorgt, beklagt die häufigen MDK-Prüfungen, die sie als „Nadelstiche“ empfindet. Aufsuchende und konstruktive Beratung würden alle jedoch sehr begrüßen. Leider sind solche Strukturen in Bayern Fehlanzeige.